
Gut getarnt,
aber nicht unsichtbar
Piezoelektrische Beschleunigungsnehmer bringen
Fehler ans Licht, die MEMS-Sensoren völlig außer Acht lassen
Bei der Erfassung der Schwingungsdaten eines sich langsam drehenden Bauteils wie eines Mahlwerks, einer Walze oder eines Windturbinen-Hauptrotors sammelt ein typischer MEMS-Sensor (mit einer maximalen Frequenz von 3200 Hz) weniger Messwerte pro Sekunde als der Industriestandard Piezo-Beschleunigungsmesser.
Nach Ansicht vieler Condition-Monitoring-Experten ist diese niedrigere Abtastrate für die Überwachung des Zustands dieser Anlagen ausreichend. Kritische Informationen werden demnach dabei nicht übersehen.
David Futter ist Leiter der Abteilung Condition Monitoring Consultancy, die zur Bachmann Group gehört.
Er ist BINDT Vibration Analysis Category IV-Experte und anerkannter Ausbildungskoordinator. Er ist Ausschussmitglied von BSI GME21/5 und GME21/7 sowie Mitglied der BINDT Vibration Analysis Expert Group.
Das stimmt jedoch nicht ganz. Obwohl eine niedrigere Abtastrate weniger Speicherplatz erfordert (es werden weniger Daten erfasst) und während eine längere Erfassung von Messwerten eine höhere Auflösung ermöglicht wird, haben die Entwickler von Bachmann nachgewiesen, dass kritische Informationen über Maschinenschäden bei einer zu niedrigen Abtastrate übersehen werden können. Deutlich wird dies insbesondere bei Anwendung der Hüllkurvenanalyse.
Bei einem normalen Zeitsignal resultieren einige Signalanteile aus der Rotation der Maschine und andere aus Stößen, insbesondere bei Vorliegen eines Defekts. Stöße stellen sich als breitbandige Anregung der Struktur dar und weisen keine bestimmte Frequenz auf. Allerdings kommt es infolge des Stoßes zu einer kurzen Anregung der Struktur in ihrer Eigenfrequenz.
Ein Defekt verursacht in regelmäßigen Zeitabständen Stöße, die schließlich zu Amplitudenspitzen führen. Allerdings fällt diese Amplitude im Anfangsstadium deutlich niedriger als die der rotationsbedingten Frequenzen aus, weshalb das Symptom meist nicht ins Auge fällt.
Zur Identifizierung solcher nicht auf den ersten Blick erkennbaren Fehlersymptome kommt die Hüllkurvenanalyse zum Einsatz. Hierbei werden die Signalanteile entfernt, die mit der Betriebsdrehzahl der Maschine in Zusammenhang stehen. Die erfassten Daten werden gefiltert und mit einer Hüllkurve versehen, um wiederkehrende Stöße basierend auf den hochfrequenten Signalanteilen zu erkennen. Im Folgenden wird die Hüllkurvenanalyse ausführlicher beschrieben.
Hüllkurvenanalyse
Alle Abbildungen basieren auf dem Schulungshandbuch „Spectrum CBM ISO Category 3“.
Die Hüllkurvenanalyse kann daher genutzt werden, um wiederkehrende, hochfrequente Stoßsignale zu identifizieren, die anderenfalls im normalen Signal der Maschine „getarnt“ sind. Zwar weisen durch Lagerschäden bedingte Stöße zumeist eine geringe Impulsfolgefrequenz auf, jedoch stellen sich die einzelnen Stöße als hochfrequentes Signal dar, das die Eigenfrequenzen der Struktur beinhaltet.
Diese Eigenfrequenzen wirken als Verstärker. Sie verstärken die wiederkehrenden Muster und deren Veränderungen im Signal, wobei der Einfluss der betriebsbedingten Anregungen der Maschine im Zuge der Analyse herausgefiltert wird. Werden kleinste Anzeichen bei diesen höherfrequenten Anregungen übersehen, beispielsweise aufgrund der Anwendung einer zu niedrigeren Abtastrate, kann dies die Fähigkeit eines Condition-Monitoring-Systems zur frühzeitigen Fehlererkennung erheblich einschränken, insbesondere, wenn es um die zuverlässige Überwachung sehr langsam laufender Lager geht.
Condition-Monitoring-Systeme sind vorrangig dafür vorgesehen, Fehler frühzeitig zu erkennen, bevor sie zu erheblichen Schäden oder Stillstandzeiten führen. Das Übersehen eines Defekts im frühen Stadium könnte sich möglicherweise als sehr kostspielig erweisen.
Die Ingenieure von Bachmann haben anhand einer Studie über die Anwendung niedriger Abtastraten für die Signale von Windenergieanlagen aufgezeigt, dass der gesamte Frequenzbereich erforderlich ist, um alle für eine frühzeitige Fehlererkennung notwendigen Informationen zu erfassen. Aussagekräftige Informationen lassen sich ausschließlich mit Abtastraten gewinnen, die ausreichend hoch für die Erfassung der Signatur regelmäßiger Stöße sind, welche deutlich über der normalen Betriebsdrehzahl der Maschine liegen, vorzugsweise im Multi-kHz-Bereich der Eigenfrequenzen der Gehäusestruktur.
Obwohl der im Hüllkurvensignal angezeigte Frequenzbereich normalerweise unter 1 kHz liegt, wird dieses Signal üblicherweise aus Daten im Bereich von 2-10 kHz erzeugt. Unter Berücksichtigung der Voraussetzungen für die Anti-Aliasing-Filterung ist hierfür eine Abtastrate von mindestens 20 kHz erforderlich. MEMS-Sensoren haben einen begrenzten Frequenzgang. Dies ist zum einen dem Mechanismus für die Schwingungserkennung sowie zum anderen den Beschränkungen des Übertragungsweges zum Sensor sowie den Filtereigenschaften des Sensors selbst geschuldet. Signale von ausreichender Qualität und mit ausreichend hohen Abtastraten lassen sich daher leichter mit Piezo-Beschleunigungsmessern erfassen.
Als einziger Wermutstropfen bleibt, dass für die größere Menge an erfassten Daten auch ein größerer Speicherplatzbedarf besteht. Glücklicherweise stellt dies aufgrund der Speicherkapazität moderner Systeme kein großes Problem mehr dar. Bei älteren Systemen lässt sich dies umgehen, indem das Zeitrohsignal nach der Hüllkurvenbestimmung verworfen wird.
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